Gründung einer Gesellschaft mittels Kryptowährungen

Michael Barmettler
Michael Barmettler

Das Schweizerische Obligationenrecht sieht für die Gründung einer Aktiengesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Varianten einer Bar- oder Sacheinlage vor. Dieser Blogbeitrag soll aufzeigen, wie dieses Unterfangen in der Praxis abläuft und wo allfällige Hürden auftreten.

Liberierung durch Bareinlage

Bei einer Bareinlage ist es notwendig, ein gesetzliches Zahlungsmittel zu verwenden. Als solche werden die ausgegebenen Münzen des Bundes, die Banknoten der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und die auf Franken lautenden Sichtguthaben bei der SNB qualifiziert. Kryptowährungen werden in aller Regel nicht von einem Staat ausgegeben, können also nicht als gesetzliches Zahlungsmittel angesehen werden. Immerhin qualifizierte der Bundesrat in seinem Bericht zu Blockchain, dass Kryptowährungen als «Geldbegriff im weitesten Sinn» angesehen werden können.
Ausserdem muss gemäss Art. 633 Abs. 1 OR eine Bareinlage bei einer Institution hinterlegt werden, welche dem Bundesgesetz über die Banken unterstellt ist. Da es bis anhin sehr schwierig ist eine Schweizerische Bank zu finden, welche Konti für Kryptowährungen anbietet, fällt die Bareinlage mittels Kryptowährungen in der Praxis dahin.

Sacheinlage

In Art. 634 OR sind die Voraussetzungen der Sacheinlage geregelt. Von einer Sacheinlage spricht man, wenn der zu gründenden Gesellschaft Sachen oder andere Vermögenswerte zur Tilgung der Liberierungsschuld übertragen werden. Die Liberierungsschuld entspricht dabei der Einlage, welche den Nennwert der auszugebenden Aktien decken muss. Die Anforderungen an eine Sacheinlage sind bedeutend höher als diejenigen an eine Bareinlage. Dies hängt mit der erschwerten Bewertbarkeit der Sacheinlage zusammen. Aus der Praxis der Handelsregisterämter und der Lehre haben sich vier kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen herauskristallisiert. In Zukunft sollen diese Erfordernisse aus dem Gesetz hervorgehen (vgl. Art. 634 eOR).

1. Aktivierbarkeit

Um die Aktivierbarkeit bejahen zu können, muss die eingelegte Sache im Rechtsverkehr gewinnbringend veräussert werden können. Bei etablierten Währungen wie bspw. Bitcoin, Ethereum oder Litecoin (Aufzählung nicht abschliessend) kann dies bejaht werden, da sie an entsprechenden Krypto-Börsen jederzeit gehandelt werden können. Um Schwierigkeiten bei der Bilanzierung zu vermeiden, empfiehlt es sich, den Anschaffungswert der Kryptowährungen als Grundlage zu nehmen. Da es in der Praxis immer wieder zu starken Kursschwankungen kommt (oder kommen kann), ist es ratsam, eine höhere Einlage als effektiv nötig bereitzustellen. Dies gilt vor allem für jüngere Kryptowährungen, da diese häufig volatiler sind. Durch diese erhöhte Einlage wird vermieden, dass an wichtigen Stichtagen (Beurkundung der Gründung, Eintragung im Tagesregister des entspr. Handelsregister, Genehmigung durch das EHRA) eine Unter-Pari-Emission vorliegen könnte.

2. Freie Übertragbarkeit

Kryptowährungen können frei übertragen werden. Dies kann entweder mittels einer Transaktion an das Wallet des Empfängers erfolgen oder es wird das gesamte Wallet einschliesslich des Privat Keys an den Empfänger übertragen. Die freie Übertragbarkeit wäre dann nicht mehr gegeben, wenn aufsichtsrechtliche Massnahmen (z. B. aus dem GwG) ergriffen würden oder die Übertragung in mehreren Staaten verboten würde.

3. Freie Verfügbarkeit

Dieser Punkt kann dann bejaht werden, wenn die Wallet inklusive des Privat Keys im frei verfügbaren Machtbereich der einfachen Gründergesellschaft liegt. Ob dabei mehrere Gründer Zugriff auf das Wallet haben, ist unerheblich.

4. Freie Verwertbarkeit

Um diese Voraussetzung erfüllen zu können, muss die Möglichkeit bestehen, dass die Sacheinlage auf Dritte übertragen werden und daraus ein Erlös erzielt werden kann. Bei den gängigsten Kryptowährungen ist dies ohne weiteres gegeben, da diverse Krypto-Börsen dafür einen Abnehmermarkt bereitstellen.

Weitere Voraussetzungen

Für die Gründung mittels Sacheinlage werden gemäss Art. 634 ff. OR ein Sacheinlagevertrag, ein Gründungsbericht und eine Prüfbestätigung verlangt. Ausserdem ist sind die Offenlegungspflichten zu beachten.

Besonderes zum Sacheinlagevertrag

Um den potenziellen Kursschwankungen entgegenwirken zu können, ist es ratsam, eine «Sicherheitsmarge» einzuplanen. Das bedeutet, dass der Wert der gewählten Kryptowährung deutlich die gesetzliche Einlagepflicht (wie z.B. die Pflicht zur Einlage von CHF 100'000.00 bei der Vollliberierung einer AG) übersteigen sollte. Bei der Bezeichnung der Kryptowährung und des entsprechenden Wertes kann eine Bestimmung eingefügt werden, dass der Überschuss an die Kapitaleinlagereserven zuzuweisen ist. Da die Sacheinlage im frei verfügbaren Machtbereich der Gründerinnen sein muss, ist die konkrete Überführung in diesen Bereich sicherzustellen. In der Praxis kann dies mittels eines Multisig Wallets gelöst werden. Dabei werden die Mehrheit der Zugangsschlüssel durch die Gründungsgesellschaft gehalten. Somit ist gewährleistet, dass sich die Sacheinlage im Machtbereich der Gründungsgesellschaft befindet. Alternativ können die Kryptowährungen auf den persönlichen Wallets der Sacheinleger liegen, in diesem Fall muss der Gründergesellschaft eine unwiderrufliche Befugnis erteilt werden, sofort nach dem Eintrag im Handelsregister über die Kryptowährungen verfügen zu können.

Besonderes beim Gründungsbericht

Im Gründungsbericht sind die genauen Bezeichnungen der Kryptowährungen und der entsprechende Wert aufzuführen. Sind die Voraussetzungen für eine Sacheinlage nicht offensichtlich erfüllt, muss umschrieben werden, weshalb diese erfüllt sind.

Prüfungsbestätigung

Die Prüfung des Gründungsberichts muss von einem zugelassenen Revisor durchgeführt werden, unabhängig davon, ob die Gesellschaft revisionspflichtig ist oder nicht. Der Ablauf dieser Prüfung richtet sich nach demselben Verfahren, welches bei herkömmlichen Sacheinlagen, wie bspw. eines Autos oder einer Immobilie, zur Anwendung gelangt. Die Prüfung ist aus materieller Sicht dahingehend entscheidend, da sich die Urkundsperson, sowie auch das Handelsregister auf die Ergebnisse des Revisors verlassen dürfen.

Offenlegungspflicht

Das Schweizerische Aktienrecht verlangt an diversen Stellen die Offenlegung der Kryptowährung-Sacheinlage. Dies dient dem Schutz der Gläubiger und eine höhere Transparenz wird erreicht. Insbesondere wird die Tatsache, dass die Gesellschaft mittels Kryptowährungen liberiert wurde, öffentlich gemacht. Die zentralsten Bestimmungen sind hierbei:

  1. Art. 628 Abs. 1 OR: Die Statuten müssen den Gegenstand der Sacheinlage, dessen Bewertung, sowie den Namen des Einlegers und die ihm zukommenden Aktien aufzeigen.
  2. Art. 634 Ziff. 1 OR: Der Abschluss eines Sacheinlagevertrages wird verlangt und dieser wiederum muss den Gegenstand der Sacheinlage als notwendigen Vertragsinhalt umschreiben.
  3. Art. 635 Ziff. 1 OR: Der Gründungsbericht muss Rechenschaft über die Art, den Zustand der Sacheinlage und der Angemessenheit der Bewertung ablegen.
  4. Art. 14 HRegV: Im Zentralen Firmenindex (Zefix) erscheint die Tatsache, dass eine Sacheinlage geleistet wurde. Dabei werden sowohl der Gegenstand der Sacheinlage als auch die dafür ausgegebenen Aktien publiziert.

Gestützt auf Art. 11 HRegV können die obgenannten Punkten 1-3 beim zuständigen Handelsregisteramt eingesehen werden oder auch Auszüge daraus bestellt werden. Im Zuge der Revision des Handelsregisterrechts ist es ab dem 1. Januar 2021 möglich, die Statuten der Gesellschaft im Internet aufzurufen. Dies ist jedoch von der technischen Infrastruktur des jeweiligen Handelsregisters abhängig.

Die gemachten Darlegungen im Blog können nicht alle Fälle der Praxis abdecken. Eine Prüfung im Einzelfall und eine fundierte Beratung sind daher zwingend notwendig. Zudem muss man bedenken, dass die Handelsregister nicht sehr oft mit solchen Thematiken konfrontiert werden.

 
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