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Family Governance: Leitplanken für Familienunternehmen

Oliver
Written by
Oliver
22.10.2025

Viele Schweizer KMU sind Familienunternehmen: Eigentümerfamilie, Verwaltungsrat und operatives Management greifen dabei oft ineinander. Das ist eine Stärke – kann aber ohne klare Regeln rasch zu Spannungen, Pattsituationen oder teuren Fehlanreizen führen. Family Governance schafft hier Ordnung: Sie bestimmt Werte, Rollen und Prozesse zwischen Familie, Unternehmen sowie Vermögen.

Family Governance hilft Herausforderungen im Familienunternehmen zu meistern, sei es beim anstehenden Nachfolgeprozess, bei der Vergrösserung durch Heirat oder Eintritt der nächsten Generation, bei ehrgeizigen Wachstumszielen mit Investoren oder bei einem anstehenden Verkauf des Unternehmens. Das führt zu gestärktem Vertrauen in das Unternehmen sowohl bei Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden als auch bei Finanzpartnern.

Dieser Beitrag erklärt dir kompakt, was Family Governance ist und was für eine Rolle sie einnehmen kann.

1. Was bedeutet Family Governance?

Family Governance beschreibt eine Art «Betriebssystem» der Eigentümerfamilie. Mit der Eigentümerfamilie als Mittelpunkt ordnet sie, wie Familie, Unternehmen und Vermögen zusammenwirken – mit klaren Rollen, Regeln und Dialogformen. Ziel ist, die Interessen der Eigentümerfamilie und der Unternehmensführung zu synchronisieren und die Identifikation aller Beteiligten mit dem Unternehmen zu stärken. Die Family Governance ist individuell auf die Familie und das Familienunternehmen zugeschnitten.

Die Family Governance ist von der Corporate Governance abzugrenzen. Während die Family Governance die Eigentümerseite organisiert, regelt die Corporate Governance die Führung und Kontrolle des Unternehmens. Familienorgane geben Richtung und Leitplanken vor, Verwaltungsrat und Geschäftsleitung führen das Unternehmen.

2. Warum ist Family Governance wichtig?

Family Governance bringt die Bedürfnisse einer wachsenden Eigentümerfamilie mit den Möglichkeiten des Unternehmens in Einklang und stabilisiert in Umbruchsphasen. Sobald ein Familienunternehmen eine gewisse Grösse erreicht und mehr als eine Generation im Unternehmen engagiert ist, braucht es klare Strukturen, damit die strategische Führungsorganisation stabil bleibt und sich das Unternehmen nachhaltig entwickeln kann. Entscheidend ist, die Interessen der Familie und jene des Unternehmens konsequent zu balancieren und auf gemeinsame Ziele auszurichten. Die Eigentümerfamilie entwickelt dafür ein gemeinsames Verständnis der familiären und unternehmerischen Stossrichtung sowie der Verwendung von Familien- und Unternehmensvermögen. Ebenso zentral sind vorausschauende Planung und eine konstruktive Kommunikation – innerhalb der Familie und gegenüber dem Unternehmen. Family Governance professionalisiert die Eigentümerseite, schafft Transparenz und macht die «Spielregeln» für alle klar.

Stärke und Verwundbarkeit liegen am selben Ort: Bei der Eigentümerfamilie. Sie ist der stärkste Hebel des Unternehmens – zugleich der sensibelste Punkt, wenn Ziele unklar sind, Konflikte schwelen oder die Nachfolge ansteht. Hier setzt Family Governance an: Sie gibt den strategischen Rahmen vor und dient als Konfliktlösungsmechanismus, bevor Streit die Substanz gefährdet. Sie stellt sicher, dass alle Familienmitglieder wissen, worum es geht, wie das Familienunternehmen funktioniert und was es einzigartig macht. Dazu gehört auch, die wirtschaftlichen Zusammenhänge im und rund um das Unternehmen verständlich zu machen – von Wertschöpfung und Cashflows über Ausschüttungs- und Investitionslogik bis zu Rollen, Zuständigkeiten und Informationswegen.

Mit klarer Organisation und definierten Prozessen lassen sich komplexe Vorhaben wie die Einleitung eines Nachfolge- und Übergangsprozesses, ein Verkauf, ambitioniertes Wachstum oder grosse Investitionen geordnet meistern. Wenn alle – ob aktiv im Betrieb, im Verwaltungsrat oder «nur» als Eigentümerin oder Eigentümer – die Regeln kennen, ihre Rolle verstehen und die relevanten Zahlen deuten können, arbeiten sie zuverlässig, verantwortungsvoll und kompetent zusammen. Das erhöht die Qualität und Akzeptanz von wesentlichen Entscheiden, hält die Unternehmensführung handlungsfähig und stärkt das Vertrauen von Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden sowie Finanzpartnern. Kurz: Gute Family Governance verhindert Reibungsverluste – und schafft Ruhe, in der Leistung entstehen kann.

3. Instrumente einer Family Governance

Ein Familienrat organisiert, koordiniert und strukturiert innerhalb der Familie. Er bildet die Verbindung zum Unternehmen und dessen Führung. Der Familienrat wird individuell auf die Bedürfnisse einer Unternehmerfamilie zugeschnitten und ausgestaltet. Idealerweise besteht er aus Personen verschiedener Generationen und bei grösseren Familienunternehmen auch aus Personen mehrerer Familienstämme.

Bei Familientreffen oder Familienversammlungen tauschen sich sämtliche Familienmitglieder aus. Dabei nehmen auch Familienmitglieder teil, welche nicht direkt im Unternehmen beschäftigt sind oder keine Führungsrolle im Familienunternehmen übernehmen. Die Familientreffen eignen sich, um über aktuelle Entwicklungen zu sprechen oder Grundsatzentscheide zu treffen.

Die Inhaberstrategie überführt die gemeinsam erarbeiteten Ziele der Familie in unternehmerische Leitplanken. Sie legt fest, wer zur Eigentümerfamilie gehört, welche Werte und (Unternehmens-)Ziele gelten und wie Rollen (Eigentümerinnen und Eigentümer, Mitglied des Verwaltungsrats, Geschäftsleitung, weitere Rollen im Unternehmen und/oder in der Familie) verstanden werden. Sie definiert sodann die Mitgliedschafts- und Austrittsregeln innerhalb der Eigentümerfamilie, die Entscheidungsprozesse und Nachfolgeprinzipien, die Vorstellungen zur Führung (Zusammenspiel Eigentümer – Verwaltungsrat – Geschäftsleitung) sowie Konfliktlösungsmechanismen. Ebenfalls Teil der Inhaberstrategie sind die Wachstums- und Risikoneigung, die Finanzierungs-/Leverage-Logik sowie Liquiditäts- und Dividendenpolitik.

Die Familienverfassung oder Familiencharta ist das schriftliche Fundament der Family Governance. Sie hält die Inhaberstrategie verständlich und zugänglich schriftlich fest und dient der Familie als gemeinsamer Kompass. Rechtlich ist sie Soft Law – also nicht bindend, eine Art Absichtserklärung –, entfaltet aber als Selbstverpflichtung hohe moralische Bindungskraft und wirkt faktisch als Verhaltenskodex. Rechtsverbindliche Elemente (zum Beispiel Vinkulierung, Vorkaufs-/Mitverkaufsrechte, Stimmrechtsbindungen, Bewertungs- und Exit-Mechanik, Informations- und Berichtspflichten) gehören konsequent in Statuten und den Aktionärbindungsvertrag. In der Praxis bildet die Familienverfassung die inhaltliche Grundlage für diese Dokumente und dient als Auslegungshilfe, ohne deren zwingende Regeln zu ersetzen.

Bei Familienunternehmen in der Rechtsform der Aktiengesellschaft gehört auch ein Aktionärbindungsvertrag zur Family Governance. Im Aktionärbindungsvertrag werden insbesondere Vorkaufs-/Mitverkaufsrechte, Exit-Mechanik, Preisbestimmungsmechanismen, Regeln zu Pattsituationen oder Stimmrechtsbindungen rechtlich verbindlich geregelt. Die Übertragungsbeschränkungen der Aktien müssen in den Statuten der Gesellschaft vorgesehen sein.

Ab einer bestimmten Grösse und Komplexität des Familienunternehmens und des Familienvermögens kann es sinnvoll sein, die Verwaltung und Steuerung von Vermögens- sowie Governance-Aufgaben in einem Family Office zu bündeln. Es koordiniert Anlagen, Reporting, Governance und Bildungsangebote für die Familie.

4. Der Family Governance-Prozess

Gute Family Governance beginnt nicht mit einem endlos langen Dokument, sondern mit einem sauberen Prozess. Nach einer ersten Bestandesaufnahme, insbesondere zu Eigentümerstruktur, Dividendenpraxis und Führungsorganisation, folgen moderierte Gespräche zu Zweck, Werten und Zielen der Eigentümerfamilie. Daraus entsteht dann die Inhaberstrategie. Die Familienverfassung fasst diese Leitplanken zu einem leicht lesbaren Kompass zusammen – rechtlich unverbindlich, aber als Verhaltenskodex wirksam, weil sie gemeinsam erarbeitet wurde. Verbindliche Elemente gehören konsequent in die Statuten des Unternehmens und in den Aktionärbindungsvertrag.

5. Typische Problemfelder und wie sie vermieden werden

Zu viel Papier, zu wenig Praxis: Eine 60-seitige Familienverfassung hilft nicht, wenn sie niemand kennt. Halte die Charta und andere Dokumente kurz, verständlich und anschlussfähig an Statuten und den Aktionärbindungsvertrag.

Kompetenzverwirrung: Familienorgane entscheiden nicht über operative Unternehmensfragen und leiten das Unternehmen nicht direkt. Der Verwaltungsrat bzw. das Management des Unternehmens führt das Unternehmen und entscheidet.

Unklare Eigentümerbasis: Gegen Eintritt von unerwünschten Aktionären ins Aktionariat schützt die Übertragungsbeschränkung der Aktien in den Statuten. Der Aktionärbindungsvertrag ergänzt dies mit Vorkaufs-/Mitverkaufsrechten, Stimmrechtsbindung und Exit-Mechanik.

Kapital- und Dividendenstreit: Definiere in der Inhaberstrategie einen Ausschüttungskorridor und Prioritäten (zum Beispiel Investitionen vor Ausschüttungen), damit keine falschen Erwartungen entstehen. Das fördert auch das nachhaltige Unternehmenswachstum.

NextGen im Blindflug: Ohne frühe Einbindung der nächsten Generation fehlt Identifikation und Kompetenz. Plane den Einbezug der nächsten Generation frühzeitig, unter Umständen auch ausserhalb des Familienunternehmens.

6. Fazit

Family Governance schafft für Eigentümerfamilien und KMU Ruhe im System. Mit klaren Leitplanken zu Rollen, Nachfolge, Ausschüttung und Investition vermeidest du Reibungsverluste, hältst den Verwaltungsrat handlungsfähig und sicherst die Unternehmenskultur über Generationen.

Es lohnt sich, den Family-Governance-Prozess frühzeitig anzustossen. Eine durchdachte und transparente Ausgestaltung stärkt Vertrauen und Stabilität – bei Familie, Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden sowie Finanzierungspartnern. So bleibt dein Familienunternehmen langfristig erfolgreich und meistert Wachstumsphasen, Übergaben und Krisen souverän.

Wir begleiten dich ganzheitlich – rechtlich, steuerlich und strategisch – vom Kick-off über Inhaberstrategie und Familienverfassung bis zur Verankerung in Statuten und Aktionärsbindungsvertrag. Ziel ist kein Papierstapel, sondern gelebte Governance, die Wirkung zeigt.

Viele Schweizer KMU sind Familienunternehmen: Eigentümerfamilie, Verwaltungsrat und operatives Management greifen dabei oft ineinander. Das ist eine Stärke – kann aber ohne klare Regeln rasch zu Spannungen, Pattsituationen oder teuren Fehlanreizen führen. Family Governance schafft hier Ordnung: Sie bestimmt Werte, Rollen und Prozesse zwischen Familie, Unternehmen sowie Vermögen. Family Governance hilft Herausforderungen im Familienunternehmen zu meistern, sei es beim anstehenden Nachfolgeprozess, bei der Vergrösserung durch Heirat oder Eintritt der nächsten Generation, bei ehrgeizigen Wachstumszielen mit Investoren oder bei einem anstehenden Verkauf des Unternehmens. Das führt zu gestärktem Vertrauen in das Unternehmen sowohl bei Mitarbeitenden, Kundinnen und Kunden als auch bei Finanzpartnern.