Text Link

NDA – wann wirklich eines benötigt wird

Anina Groh
Written by
Anina Groh
6.5.2024

«Non Disclosure Agreements» oder kurz «NDA» und zu Deutsch «Geheimhaltungsvereinbarungen» sind aus dem geschäftlichen Alltag nicht mehr wegzudenken. In welchen Fällen macht es Sinn, ein NDA zu unterzeichnen? Eine Checkliste für Unternehmen.

Key Message: NDA sind unbedingt nötig betreffend Erfindungen, die noch nicht zum Patent angemeldet sind, und betreffend besonders wichtigen Geschäftsgeheimnissen, welche deine Konkurrenz nicht erfahren darf. Die Sicherstellung des faktischen Schutzes der geheimen Informationen ist jedoch mindestens genau so wichtig wie der Abschluss eines NDA.

Im Detail:

Grundidee von NDA

NDA kommen in der Regel zum Zuge, wenn im Rahmen eines Informationsaustausches zwischen zwei Unternehmen geheime Informationen präsentiert oder übermittelt werden und dabei ein (oder beide) Unternehmen verhindern will, dass diese Informationen weiteren Parteien oder der Öffentlichkeit (z.B. über eine Webseite oder einen Zeitungsartikel) zugänglich gemacht werden. Der Informationsaustausch kann mündlich (Vorträge, Sitzungen, Telefonate etc.), schriftlich (E-Mails, Reports etc.) oder anderweitig (z.B. kann auch die Übergabe eines Prototypen eine Übermittlung vertraulicher Informationen sein) stattfinden.

Gerade grosse Unternehmen verlangen häufig bereits für ein Telefonat mit Mitarbeitenden eines anderen Unternehmens oder für einen Besuch auf dem Gelände des Unternehmens ein NDA. Dies kann je nachdem sinnvoll sein (z.B. wenn der Besucher Einblick in ein Labor erhält, in dem eine neue Technologie entwickelt wird). Es kann aber auch «überflüssig» sein, wenn nur öffentlich bereits bekannte, nicht heikle Informationen zugänglich gemacht werden.

Deine Checkliste

In vielen Fällen werden NDA «pro forma» unterzeichnet und haben keinen relevanten Anwendungsbereich für die beiden Parteien. Ein fehlendes NDA kann jedoch auch eine Businessidee zerstören oder ein unterschriebenes NDA eine Businessidee verhindern. Damit dies nicht passiert, muss sich ein Unternehmen die Grundidee von NDA vor Augen führen und die konkreten Geschäftssituationen genau analysieren.

1. Gibt es überhaupt geheim zuhaltenden Informationen?

Bevor ein NDA unterzeichnet wird oder du überlegst, einem Geschäftspartner ein NDA vorzuschlagen, solltest du dich fragen, ob es überhaupt geheim zu haltende Informationen gibt. Ein NDA macht nur in diesem Fall Sinn.

2. Geheime Informationen des Geschäftspartners

Wenn der Vorschlag eines NDA vom (potentiellen) Geschäftspartner kommt, ist davon auszugehen, dass der Geschäftspartner Informationen teilen möchte, die geheim zu halten sind.

Bevor das NDA unterzeichnet wird, muss daher überlegt werden, was das für Informationen sein könnten und ob dein Unternehmen in der Lage sein wird, diese geheim zu halten (dazu gehört u.a. Mitarbeitende zu instruieren, Dokumente wieder zu löschen usw.).

Wenn das grundsätzlich möglich ist, empfehlen wir eine «Empfänger-freundliche» Vorlage zu verwenden. Die Ausgestaltung eines NDA ist sehr variabel – dieser Spielraum kann und sollte genutzt werden.

Ein vorgegebenes NDA muss insb. auf folgende Punkte überprüft werden:

  • Sind alle Informationen oder nur gekennzeichnete geheim zu halten? Eine Kennzeichnungspflicht ist besser für den Empfänger.
  • Das NDA sollte sachlich möglichst eingegrenzt sein (z.B. auf ein bestimmtes Projekt, eine bestimmte Zusammenarbeit) und zeitlich möglichst kurz sein (z.B. 3 oder 6 Monate).
  • Müssen zusätzliche Erklärungen von Mitarbeitenden eingeholt werden? Dies ist wenn möglich wegen des Mehraufwands zu vermeiden.
  • Gerichtsstand am eigenen Sitz (oder wenigstens Sitz des Beklagten). Damit ist sichergestellt, dass «notfalls» im von der Gegenseite angestrebten Gerichtsverfahren kein ausländischer Anwalt beigezogen werden muss (dieser Grundsatz gilt übrigens nicht nur für NDA).

3. Eigene geheime Informationen

Aus eigenem Antrieb muss zwingend ein NDA vorgeschlagen werden, wenn eine patentierbare Entwicklung im Unternehmen gemacht wurde, das Patent aber noch nicht angemeldet ist und die für die künftige Patentanmeldung genutzten Informationen mit jemandem geteilt werden müssen. Die Offenlegung von Informationen kann sonst eine neuheitsschädliche Vorveröffentlichung sein und damit einer Patentierung entgegenstehen. Dies ist einer der wichtigsten Fälle, in dem ein NDA zwingend notwendig ist.

Weiter ist ein NDA sehr wichtig, wenn nicht patentrechtlich geschütztes Knowhow aus dem Unternehmen mit Dritten geteilt werden muss. Bei nicht geschütztem Knowhow empfiehlt es sich grundsätzlich, dies soweit als möglich, nicht mit Dritten zu teilen. Wenn es nicht anders möglich ist (z.B. weil Teile der Produktion ausgelagert werden), dann ist das Knowhow zwingend über ein sehr gut formuliertes NDA zu sichern.

Wenn regelmässig eigene geheime Informationen zu schützen sind, dann sollte dein Unternehmen ein eigene NDA-Vorlage haben und wenn möglich immer diese verwenden.

Bei einem NDA für den Schutz der Informationen deines Unternehmens muss insb. auf folgende Punkte geachtet werden:

  • Das NDA muss sachlich richtig zugeordnet sein (d.h. auf das richtige Projekt, die richtige Zusammenarbeit).
  • Der Vertragspartner muss korrekt sein, d.h. rechtsgültig unterzeichnen (erfahrungsgemäss geht das in der Praxis leider häufig unter).
  • Die zeitliche Anwendung muss solange sein, dass die ganze Informationsübermittlung abgedeckt ist.
  • Die Pflicht zur Geheimhaltung muss solange andauern, dass dies den Unternehmensinteressen entspricht (bei geplanten Patentanmeldungen also mindestens so lange bis das Patent angemeldet wird, bei geheimem Knowhow solange wie möglich, im Idealfall unbefristet).
  • Faktische Anweisungen sollten enthalten sein (z.B. wo dürfen die Informationen elektronisch gespeichert werden; wer darf die Informationen im Unternehmen des Geschäftspartners überhaupt erhalten).

4. Gegenseitige NDA

Ein NDA kann natürlich auch geheim zu haltende Informationen von beiden Geschäftspartnern betreffen, was in der Regel mit «gegenseitig» resp. «mutual» gekennzeichnet wird.

Solche NDA sollten eine faire Zwischenlösung für beide Seiten beinhalten. Je nachdem welche Informationen zu schützen sind, kannst du die entsprechende Checkliste oben dafür verwenden.

5. Nicht alles ist abgedeckt

Die häufig anzutreffende Meinung «wir haben ein NDA und darum ist alles kein Problem» ist in vielen Situationen falsch und kann ungewollte Folgen haben. Ein NDA ist dazu da, den Informationsaustausch zwischen zwei Parteien abzusichern. Es bezieht sich nur darauf, bestehende Informationen gegenseitig offenzulegen und das Risiko zu vermeiden, dass diese weiteren Personen zugänglich werden. Ein NDA enthält aber (typischerweise) keine Regeln was mit neuen Entwicklungen geschieht. Ein NDA genügt daher nicht für Entwicklungszusammenarbeiten. Da die Grenze zwischen Informationsaustausch und der Entstehung neuer Ideen häufig schleichend ist, müssen Unternehmen unbedingt genau beobachten, wie sich ein Austausch entwickelt und rechtzeitig eine Kooperationsvereinbarung abschliessen.

In der Entwicklungsphase von Produkten und Prozessen ist zudem zu bedenken, dass es unter Umständen sogar eher nachteilig sein kann, Informationen von einer Gegenseite zu erhalten, die in einem sehr ähnlichen Gebiet tätig ist. Sollte die andere Seite nämlich zu gleichen Erkenntnissen gekommen sein wie dein Unternehmen, kann es zur Streitfrage kommen, ob die eine Seite die Erkenntnisse von der anderen übernommen hat (und damit nicht berechtigt wäre diese patentieren zu lassen).

6. Vorsicht bei IP-Klauseln

Vorsicht ist vor allem dann geboten, wenn NDA atypische Klauseln enthalten. So stehen teilweise Leistungspflichten der Parteien in den NDA (z.B. Übergabe von Prototypen bis zu einem bestimmten Tag). Sehr heikel können zudem extensive «IP-Klauseln» sein. Das sind Klauseln, die die Immaterialgüterrechte («Intellectual Property Rights» kurz «IP») zwischen den Parteien regeln. Typischerweise wird in einem NDA festgehalten, dass IP bei der ursprünglichen Eigentümerin verbleiben – sieht eine Klausel etwas anderes vor: aufgepasst!

7. Praxistipp 1: Verhandle

Zu beachten ist, dass viele grössere Unternehmen NDA ähnlich wie Allgemeine Geschäftsbedingungen als «nicht veränderbar» darstellen. Dies ist nicht der Fall. Wenn eine Klausel für dein Unternehmen nicht passt, kann man durchaus eine Änderung verhandeln. Es gilt Vertragsfreiheit. D.h. grundsätzlich muss ein NDA nicht unterzeichnet werden, allerdings ist der Geschäftspartner dann auch nicht verpflichtet, Gespräche zu führen oder seine Unterlagen zu präsentieren.

8. Praxistipp 2: Sorge auch für faktischen Schutz

Das Hauptziel bei eigenen geheimen Informationen ist, dass deine Informationen geheim bleiben. Verlasse dich nicht auf NDA, sondern sorge mit faktischen Massnahmen (insb. Datensicherheit und nur sehr eingeschränktes Teilen von wichtigen Informationen) dafür, dass geheime Informationen auch wirklich geheim bleiben.

«Non Disclosure Agreements» oder kurz «NDA» und zu Deutsch «Geheimhaltungsvereinbarungen» sind aus dem geschäftlichen Alltag nicht mehr wegzudenken. In welchen Fällen macht es Sinn, ein NDA zu unterzeichnen? Eine Checkliste für Unternehmen.