Text Link

KMU verkaufen oder übergeben: Chancen und Fallen

Oliver
Written by
Oliver
3.9.2025

Unternehmenskäufe und -verkäufe sind nicht nur das Spielfeld internationaler Konzerne.

Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Schweiz sehen sich zunehmend mit Fragen von Unternehmenstransaktionen und Unternehmensnachfolge konfrontiert. Mal geht es um die klassische Nachfolge, mal um strategisches Wachstum oder um die Beteiligung von Investoren. Für viele Unternehmer ist dies allerdings kein alltäglicher Schritt – sondern vielmehr ein Schritt mit grossen rechtlichen, steuerlichen und emotionalen Herausforderungen.

Wir geben dir einen Überblick über die gängigen Themen bei Unternehmenstransaktionen im KMU-Umfeld. Wir zeigen dir, welche Möglichkeiten es für KMU gibt, ein Unternehmen zu übergeben oder zu verkaufen – sei es innerhalb der Familie, durch das Management oder an externe Käufer. Neben rechtlichen Aspekten beleuchten wir auch wesentliche steuerliche Risiken.

1. Interne und externe Nachfolgelösungen – die Hauptvarianten

Wer die Zukunft seines Unternehmens aktiv gestalten möchte, hat verschiedene Möglichkeiten. Jede Variante eröffnet eigene Chancen – sei es durch Kontinuität, neue Impulse oder zusätzliche Ressourcen. Entscheidend ist, welche Lösung und Zukunftsvision am besten zu den Zielen des Unternehmers und den Bedürfnissen des Unternehmens passt. Jede Variante zeugt von verschiedenen Perspektiven für Wachstum und Weiterentwicklung.

Familieninterne Nachfolge

Die Übergabe innerhalb der Familie ermöglicht es, das Lebenswerk weiterzuführen und die Unternehmenskultur zu bewahren. Sie bietet zudem die Chance, Werte und Traditionen über Generationen hinweg zu sichern. Mit einer sorgfältigen rechtlichen und finanziellen Planung – etwa durch klare erbrechtliche Regelungen zu Pflichtteilen oder durch gestaffelte Übergabemodelle – kann dieser Weg für alle Beteiligten eine nachhaltige Lösung sein.

Management-Buy-Out (MBO)

Beim MBO übernimmt das bestehende Management das Unternehmen. Der grosse Vorteil: Das Unternehmen bleibt auch hier in vertrauten Händen, und die Führungskräfte können die bestehende Strategie nahtlos fortsetzen. Das Know-how von etablierten Führungskräften bleibt erhalten. Mitarbeitende, Kunden und Management kennen sich. Weil geringere Informationsasymmetrien bestehen, gestaltet sich die Transaktion rechtlich auch einfacher. Mit passenden Finanzierungsinstrumenten wie Vendor Loans oder Earn-Outs lassen sich auch grössere Deals realisieren. So entsteht eine Lösung, die Stabilität mit unternehmerischem Engagement verbindet. Allerdings dürfen die potenziellen Rollenkonflikte nicht unterschätzt werden, wenn bisherige Mitarbeitende plötzlich als Käufer auftreten.

Management-Buy-In (MBI)

Ein MBI bringt frische Perspektiven ins Unternehmen. Externe Führungskräfte übernehmen Verantwortung und bringen neue Ideen sowie zusätzliche Expertise ein. Für KMU kann dies ein idealer Weg sein, um sich neu auszurichten oder weiteres Wachstum zu ermöglichen. Mit sorgfältiger Vorbereitung und klaren rechtlichen Rahmenbedingungen lassen sich kulturelle Unterschiede abfedern und Chancen optimal nutzen. Im Gegensatz zu einem MBO können bei einem MBI potenziell mehr Reibungen mit Mitarbeitenden, Lieferanten oder Kunden entstehen. Auch sind die Due-Diligence-Prüfungen in der Regel umfangreicher.

Verkauf an Dritte

Ein Verkauf an einen strategischen oder finanziellen Investor eröffnet oft die grössten Entwicklungsmöglichkeiten. Strategische Käufer können Synergien heben, Finanzinvestoren stellen Kapital und Netzwerk zur Verfügung. Für den Verkäufer bedeutet dies nicht nur einen attraktiven Kaufpreis, sondern regelmässig auch die Möglichkeit, das Unternehmen in einem grösseren Kontext wachsen zu sehen. Mit den richtigen vertraglichen Schutzmechanismen – etwa Wettbewerbsverboten oder Übergangsregelungen – lässt sich sicherstellen, dass die Unternehmenswerte auch in Zukunft gewahrt bleiben.

2. Unternehmenskauf als strategische Option

Nicht immer ist eine Nachfolgeplanung der Auslöser für eine Transaktion.

Viele KMU nutzen Unternehmenstransaktionen auch oder vor allem als strategisches Instrument:

  • Neue Märkte erschliessen: Anstatt langsam organisch zu wachsen, können Unternehmen durch Akquisition sofort Zugang zu neuen Regionen oder Branchen erhalten.
  • Synergien und Skaleneffekte: Gemeinsame Verwaltung, Einkauf oder Produktion reduzieren Kosten.
  • Technologie und Innovation: Besonders im Technologiebereich kaufen Unternehmen gezielt Startups, um Know-how, Software oder Patente zu sichern.
  • Wettbewerbsposition: Übernahmen von Konkurrenten können die Marktstellung festigen oder ausbauen.

Rechtlich bedeutet ein strategischer Kauf, dass Verträge oft stark auf Integrationsfragen zugeschnitten sind. Klauseln zur Sicherstellung des Übergangs von Schlüsselmitarbeitenden, Schutz des Goodwills, Wettbewerbsverbote gegen den Verkäufer oder Garantien über die Funktionsfähigkeit von IT-Systemen sind typische Bestandteile.

3. Asset Deal oder Share Deal – rechtliche Weichenstellung

Die Transaktion wird üblicherweise als Share Deal oder Asset Deal ausgestaltet.

Beim Share Deal kauft der Erwerber die Anteile des Unternehmens, also die Aktien einer AG oder die Stammanteile einer GmbH. Das Unternehmen bleibt als Rechtsträger selbst bestehen. Der Erwerber erwirbt dadurch die Kontrolle und «indirekt» die wirtschaftliche Berechtigung am Betrieb.
Vorteil: Arbeitsverträge, Lizenzen und Lieferverträge laufen unverändert weiter. Zudem sind unter bestimmten Voraussetzungen Kapitalgewinne steuerfrei.
Nachteil: Der Käufer übernimmt auch alle «Altlasten», einschliesslich (versteckter) Risiken wie schwebende Rechtsstreitigkeiten oder Steuerforderungen. Deshalb enthalten Share-Deal-Verträge detaillierte Garantiekataloge und Freizeichnungsklauseln.

Beim Asset Deal kauft der Erwerber hingegen gezielt Vermögenswerte (Immobilien, Maschinen oder Kundenverträge) des Unternehmens. Dabei gehen Arbeitsverhältnisse grundsätzlich automatisch auf den Erwerber über, andere Verträge hingegen müssen in der Regel einzeln übertragen oder neu verhandelt werden. Gerade wenn Vermögenswerte direkt im Eigentum des Unternehmers sind, insbesondere bei einem Einzelunternehmen, kommt es regelmässig zum Asset Deal.
Vorteil: Der Käufer kann «Cherry Picking» betreiben.
Nachteil: Administrativer Aufwand und oft steuerlich ungünstiger, da stille Reserven aufgedeckt werden.

4. Typische Konfliktfelder in KMU-Transaktionen

Unternehmenstransaktionen und die Nachfolgeplanung verlaufen selten konfliktfrei. Typische Problemfelder sind:

  • Familie und Erbrecht: Pflichtteilsansprüche, ungleiche Behandlung von Kindern und unklare Rollen führen oft zu Streit. Hier helfen Erbverträge, Aktionärbindungsverträge und allenfalls Familienverfassungen.
  • Management und Mitarbeitende: Bei MBOs oder MBIs prallen Interessen aufeinander: Loyalität als Angestellter einerseits, Verhandlungshärte als Käufer andererseits. Zudem besteht bei externen Käufern oft Unsicherheit bei Mitarbeitenden, was zu Abwanderungen führen kann.
  • Preisfindung: Unternehmensinhaber haben regelmässig eine emotionale Bindung zu «ihrem» Unternehmen und erwarten einen höheren Preis, Käufer kalkulieren dagegen nüchtern. Earn-Outs und Vendor Loans sind typische Instrumente zur Überbrückung und Kaufpreisgestaltung.
  • Steuern: Ein falsches Transaktionsdesign kann hohe Steuerfolgen auslösen (zum Beispiel bei der sogenannten indirekten Teilliquidation).
  • Governance: Besonders bei Teilverkäufen oder beim Einstieg von Investoren entstehen Konflikte über Entscheidungsbefugnisse. Hier schaffen Aktionärbindungsverträge Klarheit.

5. Steuerliche Fallstricke im Überblick

Oft wird angenommen, dass der Verkauf von Unternehmensanteilen für den Verkäufer stets steuerfrei sei. Diese Annahme ist jedoch trügerisch, denn in der Praxis zeigen sich verschiedene Konstellationen, die zu einer erheblichen Steuerbelastung führen können.

Besonders relevant ist die sogenannte indirekte Teilliquidation: Verkauft eine Privatperson mindestens 20 Prozent ihrer Aktien des eigenen Unternehmens an einen Käufer, der diese Beteiligung im Geschäftsvermögen hält, schüttet der Käufer innerhalb von fünf Jahren nichtbetriebsnotwendige Mittel aus (welche im Zeitpunkt des Verkaufs bereits vorhanden waren) und wird der Kaufpreis aus diesen nichtbetriebsnotwendigen Mitteln des Unternehmens finanziert, so löst dies eine Einkommensbesteuerung beim Verkäufer aus.

Ebenfalls problematisch ist die Transponierung: Eine Person verkauft Aktien aus ihrem Privatvermögen an eine von ihr kontrollierte Holdinggesellschaft. Wird der Kaufpreis dabei überbewertet, ist der Verkaufspreis also höher als der Nennwert, oder wird er aus Gesellschaftsmitteln finanziert, droht eine Umqualifizierung in steuerbares Einkommen.

Schliesslich darf auch die Grundstückgewinnsteuer nicht übersehen werden. Befinden sich Immobilien im Betriebsvermögen, so kann ein Verkauf steuerlich wie eine Veräusserung von Grundstücken behandelt werden – mit entsprechenden Abgaben auf dem erzielten Gewinn.

Trotz klarer, praktischer Leitplanken von Gerichten und Steuerbehörden bleibt die steuerliche Behandlung stets einzelfallabhängig und erfordert sorgfältige Planung und Strukturierung. Wer diese Themen frühzeitig adressiert, kann unerwartete Belastungen vermeiden und die Transaktion steuerlich optimal gestalten.

6. Kaufpreisgestaltung

Die Kaufpreisfrage ist bei Unternehmensverkäufen fast immer der Knackpunkt. Unternehmer wollen einen fairen Preis für ihr Lebenswerk, Käufer möchten hingegen Risiken abfedern. In der Praxis helfen flexible Modelle, beide Seiten zusammenzubringen – vor allem durch Earn-Out-Klauseln und Vendor Loans.

Earn-Out-Klauseln

Ein Earn-Out bedeutet: Ein Teil des Kaufpreises wird sofort bezahlt, ein weiterer Teil hängt vom zukünftigen Erfolg des Unternehmens ab. So trägt der Käufer weniger Risiko, und der Verkäufer profitiert, wenn das Unternehmen weiterhin gut läuft. Wichtig ist eine klare Definition der Ziele, um spätere Diskussionen zu vermeiden.

Vendor Loans

Beim Vendor Loan finanziert der Verkäufer einen Teil des Kaufpreises als Darlehen an den Käufer (Verkäuferdarlehen). Dieses wird über mehrere Jahre zurückbezahlt, meist nachrangig zu Bankkrediten und mit einem marktüblichen Zins. Für Käufer ist dies oft die einzige Möglichkeit, die Finanzierung zu stemmen. Der Verkäufer erhält dabei den Kaufpreis allerdings nicht sofort vollständig, sondern trägt ebenfalls ein gewisses Risiko mit.

So machen Earn-Outs und Vendor Loans viele KMU-Transaktionen überhaupt erst realisierbar.

7. Rechtliche Kernaspekte – Garantien, Haftung, Verträge

Bei jeder Unternehmensübertragung spielen auch rechtliche Details eine entscheidende Rolle. Besonders wichtig ist die Frage der Gewährleistung. Das Obligationenrecht sieht vor, dass der Käufer Mängel zügig rügen muss, ansonsten verliert er seine Ansprüche. Hinzu kommen Verjährungsfristen. Zwar können die Parteien Gewährleistungsansprüche vertraglich ausschliessen oder einschränken, doch ein solcher Ausschluss greift nicht, wenn der Verkäufer Mängel arglistig verschwiegen hat. Deshalb werden in Unternehmenskaufverträgen regelmässig sehr detaillierte Garantien und/oder Zusicherungen vereinbart, die von den gesetzlichen Regelungen abweichen. Der Verkäufer erklärt dabei etwa, dass Jahresabschlüsse korrekt erstellt sind, dass keine versteckten Steuerverbindlichkeiten bestehen, alle Sozialabgaben geleistet wurden oder, dass keine Rechtsstreitigkeiten drohen, die den Unternehmenswert wesentlich beeinflussen könnten. Für den Käufer sind diese Garantien zentral, weil er namentlich beim Share Deal sämtliche Risiken übernimmt, die mit dem Unternehmen verbunden sind.

Neben Garantien und Gewährleistung sind auch Klauseln zur Schadloshaltung üblich. Mit ihnen verpflichtet sich der Verkäufer, den Käufer von bestimmten Risiken oder Verbindlichkeiten schadlos zu halten, die im Vertrag ausdrücklich genannt sind. Solche Regelungen schaffen Rechtssicherheit und können verhindern, dass eine Transaktion im Nachhinein durch unvorhergesehene Belastungen entwertet wird.

Ein weiterer Kernbereich sind Aktionärbindungsverträge. Sobald mehrere Personen beteiligt sind, sei es durch eine familieninterne Übergabe oder durch den Einstieg von Investoren, entsteht ein Bedürfnis nach klaren Regeln innerhalb des Aktionariats. Ein Aktionärbindungsvertrag legt fest, wie Entscheidungsrechte verteilt sind, welche Generalversammlungs- und Verwaltungsratsbeschlüsse besonders wichtig sind und spezifische Mehrheiten erfordern, ob ein Vorkaufsrecht für Mitaktionäre gilt oder ob Minderheitsaktionäre im Fall eines Verkaufs durch die Mehrheit ihre Anteile ebenfalls veräussern dürfen (sogenanntes Tag-Along-Recht). Umgekehrt wird regelmässig auch eine Pflicht vorgesehen, dass Minderheitsaktionäre verkaufen müssen, wenn die Mehrheit der Aktionäre einen Käufer findet (sogenanntes Drag-Along-Recht). Solche Regelungen verhindern Blockadesituationen und sichern die Handlungsfähigkeit des Unternehmens.

Gerade bei Familienunternehmen kommt schliesslich auch der Gedanke der Family Governance hinzu. Hier geht es nicht nur um rein rechtliche Verträge, sondern um die Ausgestaltung einer gemeinsamen «Verfassung» der Unternehmerfamilie. Darin werden Werte, Grundsätze und Entscheidungsmechanismen festgehalten, die über Generationen hinweg Orientierung geben sollen. Eine Familienverfassung hat zwar keine zwingende rechtliche Bindungswirkung wie ein Aktionärbindungsvertrag oder ein Gesellschaftervertrag, sie schafft jedoch Klarheit und dient als moralischer Kompass, um Konflikte zwischen den Generationen oder unter den Erben zu vermeiden.

Damit wird deutlich: Rechtliche Absicherungen sind nicht bloss Formalitäten, sondern der Schlüssel dafür, dass eine Transaktion dauerhaft Bestand hat. Ohne präzise Garantie- und Haftungsregelungen, ohne klare Aktionärsvereinbarungen und ohne eine vorausschauende Governance-Struktur entstehen Risiken, die den Erfolg eines Deals schnell gefährden können.

Fazit

Unternehmenstransaktionen bei KMU sind ein komplexes Zusammenspiel aus wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Faktoren. Ob familieninterne Nachfolge, MBO, MBI oder Verkauf an einen Investor – jede Variante bringt Chancen, Risiken und Konfliktpotenzial. Wer frühzeitig plant, klare Strukturen schafft und die rechtlichen wie steuerlichen Aspekte professionell angeht, erhöht die Erfolgschancen erheblich. Damit können die Weichen strategisch erfolgreich auf die Zukunft gestellt werden.

Wenn du dich mit einem Unternehmensverkauf, einer Übernahme oder einer Nachfolgelösung beschäftigst, lohnt es sich, frühzeitig die rechtlichen und steuerlichen Fragen im Blick zu haben. Wir begleiten dich umfassend – rechtlich, steuerlich und strategisch – damit deine Transaktion ein Erfolg wird.

Unternehmenskäufe und -verkäufe sind nicht nur das Spielfeld internationaler Konzerne. Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Schweiz sehen sich zunehmend mit Fragen von Unternehmenstransaktionen und Unternehmensnachfolge konfrontiert. Mal geht es um die klassische Nachfolge, mal um strategisches Wachstum oder um die Beteiligung von Investoren. Für viele Unternehmer ist dies allerdings kein alltäglicher Schritt – sondern vielmehr ein Schritt mit grossen rechtlichen, steuerlichen und emotionalen Herausforderungen.