Das Schweizer Aktienrecht stellt Unternehmen drei unterschiedliche Formen zur Verfügung, um ihr Aktienkapital zu erhöhen: die ordentliche Kapitalerhöhung, das Kapitalband sowie das bedingte Kapital. Jede dieser Kapitalerhöhungsformen bietet spezifische Vorteile und ist für unterschiedliche Situationen geeignet – sei es zur raschen Finanzierung, zur flexiblen Kapitalaufnahme oder zur langfristigen Beteiligung von Mitarbeitenden und Investoren. Nachfolgend werden die drei Instrumente in ihrer Funktionsweise, ihren rechtlichen Voraussetzungen und ihrer praktischen Relevanz übersichtlich dargestellt.
Das Schweizer Recht unterscheidet drei Kapitalerhöhungsformen:
- die ordentliche Kapitalerhöhung
- das Kapitalband
- die bedingte Kapitalerhöhung
Die ordentliche Kapitalerhöhung
Generalversammlungsbeschluss
Für eine ordentliche Kapitalerhöhung ist ein Generalversammlungsbeschluss erforderlich. Darin genehmigt die Generalversammlung die geplante Kapitalerhöhung. Sie legt fest, in welchem Umfang das Aktienkapital erhöht werden soll, wie viele Aktien ausgegeben werden und zu welchem Ausgabebetrag.
Im Gegensatz zu anderen Kapitalerhöhungsformen (Kapitalband, bedingtes Kapital) gibt es bei der ordentlichen Kapitalerhöhung keine betragsmäßige Begrenzung.
Feststellungsbeschluss des Verwaltungsrats
Sobald die Einlagen der Investoren bzw. Aktionäre geleistet wurden, stellt der Verwaltungsrat in einem öffentlich zu beurkundenden Feststellungsbeschluss den Eingang der Vermögenswerte fest und passt den Kapitalartikel in den Statuten entsprechend an. Die angepassten Statuten werden durch den Notar beglaubigt.
Zeitliche Frist
Der Generalversammlungsbeschluss ist gesetzlich auf sechs Monate befristet. Das bedeutet:
- Innerhalb dieser Frist muss die Kapitalerhöhung durchgeführt und vom Verwaltungsrat formell festgestellt werden.
- Bis spätestens am letzten Tag dieser Frist muss die Anmeldung beim Handelsregister eingereicht sein.
- Wird die Frist verpasst, verfällt der Beschluss – das Verfahren muss erneut durchgeführt werden.
In der Praxis finden Generalversammlungs- und Verwaltungsratsbeschluss häufig am gleichen Tag statt, insbesondere bei kleinen Gesellschaften mit überschaubarer Investorenstruktur. In solchen Fällen liegen oft bereits Finanzierungszusagen vor, und das Kapital wurde vor dem Notartermin einbezahlt.
Bei Pre-Seed-Finanzierungsrunden hingegen, wo das Einsammeln von Investoren und die Vertragsverhandlungen (z. B. Investment Agreement, Aktionärbindungsvertrag) mehr Zeit beanspruchen, reicht die Sechsmonatsfrist oft nicht aus. Für solche Situationen ist die ordentliche Kapitalerhöhung weniger geeignet.
Zusammenfassung – Vorteile und Einschränkungen
Die ordentliche Kapitalerhöhung eignet sich besonders, wenn:
- die Investoren bereits bekannt sind und die Kapitalbeschaffung schnell erfolgen kann.
- keine betragsmäßige Beschränkung erwünscht ist.
- alle Arten der Liberierung (Bar-, Sach- oder Verrechnungsliberierung) möglich sein sollen.
Weniger geeignet ist sie für Pre-Seed-Runden bei Startups oder für komplexe Finanzierungen.

Das Kapitalband
Einführung eines Kapitalbandes
Die Generalversammlung beschließt in einem öffentlich zu beurkundenden Beschluss die Einführung eines Kapitalbands. Dieses ermöglicht dem Verwaltungsrat, das Aktienkapital innerhalb bestimmter Grenzen selbstständig zu erhöhen oder zu reduzieren – allerdings nur in dem vom Kapitalband definierten Rahmen.
Im Unterschied zur ordentlichen Kapitalerhöhung bewirkt der GV-Beschluss hier sofort eine Statutenänderung, in der ein Artikel „Kapitalband“ aufgenommen wird. Die beglaubigten Statuten und der GV-Beschluss werden beim Handelsregister angemeldet.
Gesetzliche Einschränkungen
- Gültigkeit: Maximal 5 Jahre ab dem Tag des GV-Beschlusses.
- Betragsgrenze: Das Aktienkapital darf innerhalb des Kapitalbands um höchstens 50 % erhöht oder reduziert werden. Als Berechnungsbasis gilt das zum Zeitpunkt des Beschlusses bestehende oder vorgängig erhöhte Kapital.
- Mindestkapital: Bei einer Herabsetzung darf das gesetzliche Mindestkapital (CHF 100'000.00) nicht unterschritten werden.
Durchführung einer Kapitalerhöhung im Rahmen des Kapitalbands
Nach Eintragung des Kapitalbands im Handelsregister kann der Verwaltungsrat selbstständig einen Kapitalerhöhungsbeschluss fassen – ohne Generalversammlung. Sobald die Einlagen bei der Gesellschaft eingetroffen sind, stellt er die Kapitalerhöhung in einem Feststellungsbeschluss fest. Die Statuten werden angepasst und beglaubigt, und alle Unterlagen ans Handelsregister übermittelt.
Wichtig:
Die Grenzen des Kapitalbands dürfen nur durch die GV geändert werden – mit Ausnahme des Falls, in dem der Artikel konkrete Angaben zur Aktienanzahl und deren Nennwert enthält.
Für wen ist das Kapitalband geeignet?
- Ideal bei noch unbekannten Investoren – der Verwaltungsrat kann über fünf Jahre flexibel Kapital einwerben.
- Schnelle Kapitalbeschaffung möglich, da keine erneute Generalversammlung erforderlich ist.
- Milestone-Finanzierungen: Sehr beliebt bei Finanzierungen in Etappen (z. B. CHF 100'000 sofort, CHF 200'000 nach Zielerreichung).
Nachteile:
- Begrenzung auf 50 % des bestehenden Aktienkapitals.
- Bei jeder Teilerhöhung innerhalb des Kapitalbands: neue Statutenanpassung und notarieller Feststellungsbeschluss nötig.
- Bei Kapitalherabsetzungen muss zwingend eine Revisionsstelle beigezogen werden.

Das bedingte Kapital
Zweck und Funktionsweise
Das bedingte Kapital wird insbesondere für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme (Optionen) und Wandeldarlehen eingesetzt. Sobald ein Berechtigter sein Wandlungs- oder Optionsrecht ausübt und die Einlage leistet, gilt das Kapital als erhöht – automatisch und ohne Beschluss des Verwaltungsrats.
- Einzahlung erfolgt direkt auf das Geschäftskonto der Gesellschaft.
- Kein spezielles Kapitaleinzahlungskonto erforderlich.
- Die Gesellschaft kann sofort über die Mittel verfügen.
Einführung
Erfolgt durch öffentlich beurkundeten Generalversammlungsbeschluss, inklusive Statutenänderung (analog dem Kapitalband).
Eigenschaften
- Keine zeitliche Begrenzung.
- Limite: Maximal 50 % des bestehenden Aktienkapitals.
- Sehr flexibles Instrument zur kurzfristigen Kapitalaufnahme.
Nachträgliche Pflichten
Der Verwaltungsrat muss jährlich in einem öffentlich zu beurkundenden Beschluss feststellen, wie viel des bedingten Kapitals ausgeübt wurde. Dies unterliegt der Revisionspflicht – ein Prüfbericht eines zugelassenen Revisors ist für die Handelsregisteranmeldung erforderlich.
Pool-Optionen (Exkurs)
In der Praxis wird bei Finanzierungsrunden oft ein Option Pool geschaffen. Dieser Pool ermöglicht es, Optionen an Mitarbeitende zu vergeben. Damit diese Optionen in Aktien umgewandelt werden können, muss bedingtes Kapital in den Statuten vorgesehen sein. Ohne entsprechende Regelung können Optionen nicht korrekt ausgeübt werden.
Keine separate Offenlegung bei Verrechnungsliberierung
Seit Anfang 2023 schreibt das Gesetz bei Kapitalerhöhungen durch Verrechnung vor, dass Darlehensgeber, Betrag und Aktien in den Statuten genannt werden müssen. Das Eidgenössische Handelsregisteramt (EHRA) hat jedoch in der Praxismitteilung 1/24 vom 20. Juni 2024 klargestellt (siehe Praxismitteilung EHRA 1/24 - 20. Juni 2024 (PDF, 185 kB, 20.06.2024):
Bei Kapitalerhöhungen aus bedingtem Kapital ist keine separate „Verrechnungsbestimmung“ in den Statuten erforderlich. Die Verrechnung erfolgt automatisch. Zusätzliche Offenlegung ist nicht notwendig und nicht sinnvoll.

Fazit
Die Wahl der richtigen Kapitalerhöhungsform hängt stark von den individuellen Bedürfnissen und der Unternehmensphase ab. Die ordentliche Kapitalerhöhung bietet maximale Flexibilität hinsichtlich der Kapitalhöhe und Liberierungsform, setzt jedoch eine zügige Umsetzung voraus – ideal für klare Finanzierungsrunden mit bekannten Investoren. Das Kapitalband schafft mehr Handlungsspielraum über einen längeren Zeitraum und eignet sich besonders für wachstumsorientierte Unternehmen, die flexibel Kapital aufnehmen möchten – zum Beispiel in Etappen. Das bedingte Kapital hingegen ist das Mittel der Wahl für die Beteiligung von Mitarbeitenden und Investoren mittels Optionen oder Wandeldarlehen – unkompliziert, automatisch wirksam und langfristig planbar.
Ein solides Verständnis dieser Instrumente ermöglicht es Unternehmerinnen und Unternehmern, strategische Entscheidungen zur Kapitalbeschaffung rechtssicher und effizient umzusetzen – sei es zur Wachstumsfinanzierung, Mitarbeiterbindung oder zur langfristigen Unternehmensentwicklung.
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